Bekenntnisse einer stolzen Mutter
von Jan Hunt

Mein Sohn ist 15 und hat mir immer nur...

"Ärger gemacht?"

Ich dachte mir schon, dass Sie das sagen würden! Nein, mein Sohn ist 15 und hat mir immer nur Freude bereitet.

"Sie scherzen! Wie haben Sie das gemacht?"

Ich bin stolz auf meinen Sohn, aber leider kann ich mir das nicht selber als Verdienst anrechnen. Sein Vater und ich hatten einfach nur das Glück, nach einige Fehltritten zu Beginn, Erziehungsbücher und –zeitschriften voller Einsicht zu lesen, und Erziehungsfragen mit Freunden zu erörtern, die viel Wissen und Mitgefühl hatten. Heute ist er die fürsorglichste und selbstloseste Person, die ich kenne.

"Sagen Sie mir bitte: was haben Sie gemacht?"

Also, was wir taten war etwas, wovon uns die Gesellschaft abriet. Er schlief bei uns, wurde mehrere Jahre gestillt, wurde nie bestraft, bedroht, schikaniert oder gehänselt, und er durfte sowohl Ärger als auch Fröhlichkeit ausdrücken...

"Ach, Sie haben ihn verwöhnt?"

Also, lassen Sie uns das Wort untersuchen. ["spoil" bedeutet sowohl verwöhnen als auch verderben, Anm. der Übersetzerin.] Das Wörterbuch definiert "verwöhnen" als "durch zu große Nachsicht zu verursachen, dass jemand zu viel verlangt oder erwartet". In meinem Wörterbuch ist das die dritte Definition. Es reflektiert den üblichen Gebraucht dieses Wortes in unserer Gesellschaft. Diese Definition deutet eine Ursache und eine Folge an: zu große Nachsicht, so heißt es da, führt zu verwöhnten Kindern. Aber ist diese Vorstellung richtig? Oder repräsentiert diese Definition nur ein weitverbreitetes Missverständnis der wahren Natur des kindlichen Verhaltens? Eine Definition, die zutreffend wäre im Sinne der Art, wie Kinder wirklich lernen und reagieren, wäre die erste aufgeführte Definition: "schädigen oder verletzen, zerstören".

Was ein Kind wirklich verdirbt, was wirklich die vitalen Qualitäten im Kind schädigt, verletzt und zerstört, sind die anderen Varianten elterlichen Verhaltens: Bestrafung, Trennung und Zurückweisung. Diese Erfahrungen schädigen das dem Kind angeborene Vertrauen, seine Kapazität zu lieben, seine Kreativität und sein Potential zur Freude. Einem Kind diese Schätze zu rauben ist sicherlich eins der schädlichsten Dinge, die ein Mensch tun kann.

"Also das Ergebnis ist das Entscheidende?"

Genau. Adolf Hitler wurde in seiner Kindheit häufig und schwer misshandelt. Als Erwachsener drückte er die Qualen und Schmerzen jener Jahre auf eine Art aus, die Millionen von Menschen Elend und Leid verursachten. Im Vergleich dazu wurde Albert Einstein von seinen Eltern sehr geschätzt. Seiner Mutter wurde vorgeworfen, sie habe ihn "verwöhnt". Dennoch wurde Einstein nicht nur einer der größten Wissenschaftler der Welt, sondern ein überaus sanfter, besorgter Mann, der sich ernsthaft mit sozialen Fragen beschäftigte.

"Wo finde ich die Art von Informationen, die Ihnen geholfen haben?"

Lesen Sie die Zeitschriften "Compleat Mother", "Empathic Parenting" oder "Mothering". Sprechen Sie mit Hebammen. Treffen Sie fürsorgliche Mütter bei "La Leche League" und anderen Stillgruppen. Lesen Sie Bücher von Alice Miller, Joseph Chilton Pearce, Tine Thevenin und John Holt. Meditieren Sie und hören Sie auf das, was Ihr Herz Ihnen sagt.
Glauben Sie fest daran, dass Ihr Baby Sie wissen lassen wird, was richtig ist... und was falsch ist.

"Wie kann ein Baby mir dies mitteilen?"

Babys kommen mit perfekter Liebe und perfektem Vertrauen auf die Welt. Sie argwöhnen nicht, misstrauen nicht, veräppeln niemanden, zweifeln nicht an Beweggründen und verschleiern in keiner Weise die Kommunikation, solange dieses Vertrauen nicht durch solche schmerzhafte Erfahrungen wie Bestrafung, Trennung und Zurückweisung verraten wurde. Das Lächeln und die Tränen eines Babys sind die wirksamsten Formen der Kommunikation auf diesem Planeten.

"Was ist mit den Fehlern, die ich schon gemacht habe?"

Es gibt keine perfekten Eltern. Obwohl wie alle Fehler gemacht haben, ist es nicht effektiver oder sinnvoller, uns selbst zu bestrafen, als wenn wir unsere Kinder bestrafen. Uns selbst zu lieben und zu verstehen, dass wir es so gut gemacht haben, wie wir konnten, mit der Information und der inneren Stärke, die wir in dem Moment hatten, ist ebenso wichtig wie unsere Kinder zu lieben und zu verstehen. Was wir tun können, ist die Liebe einzubringen, die wir fühlen, die entscheidende Wichtigkeit des Elterndaseins zu erkennen und weiterhin mitfühlende Wege zu entdecken, wie wir mit den Kindern in Beziehung treten können, mit denen wir gesegnet sind.

"Was sind die wichtigsten Dinge, die Eltern wissen sollten?"

Zwei Dinge: erstens wird in unserer Gesellschaft angenommen, dass Kinder und Erwachsene, aus irgendwelchen ungeklärten Gründen, nach zwei getrennten und unterschiedlichen Verhaltensprinzipien leben. Wir Erwachsenen wissen, dass wir uns so gut wie möglich benehmen gegenüber denen, die uns mit Freundlichkeit, Geduld und Verständnis begegnen. Von Kindern dagegen wird angenommen, dass sie sich entgegengesetzt verhalten; d.h. dass sie sich am besten benehmen gegenüber denen, die Ihnen drohen, sie bestrafen und demütigen. Wenn wir versuchen, das Alter festzulegen, in dem sich dieser rätselhafte Wandel von den "kindlichen Verhaltensprinzipien" zu den "erwachsenen Verhaltensprinzipien" ereignet, sind wir ratlos, weil es keinen solchen Wendepunkt gibt. Es gibt keinen Unterschied zwischen den "Verhaltensprinzipien" von Kindern und Erwachsenen: wir benehmen uns alle so gut, wie wir behandelt werden.

Der zweite wichtige Gesichtspunkt ist, dass das sogenannte "schlechte Benehmen" in Wirklichkeit ein Segen im Deckmantel ist, da es die beste Gelegenheit bietet, etwas über das Leben zu lernen. Wenn Bestrafung an diesem Punkt eingeführt wird, geht diese goldene Gelegenheit verloren, weil die Aufmerksamkeit des Kindes von der aktuellen Situation abgelenkt wird und auf Gefühle der Demütigung, der Wut und der Rache gerichtet wird. Ebenso zu bedenken ist, dass oberflächliches "gutes Benehmen", das durch Drohungen und Bestrafung erreicht wird, sich nur so lange hält, bis das Kind alt genug ist, um sich zu wehren; wütende Teenager fallen nicht vom Himmel. Aber Vertrauen, Freundlichkeit und Mitgefühl, die seit der Geburt im Kind unversehrt erhalten sind und durch das elterliche Vorbild gestärkt wurden, werden ein Leben lang währen.

"Ich verstehe. Es geht darum, Kindern zu vertrauen, zu erkennen, dass Kinder vielleicht weniger Erfahrung haben und kleiner sind als wir, aber dass sie es genauso verdienen, mit Würde und Respekt behandelt zu werden. Vom Neugeborenen bis zum Hundertjährigen verhalten sich alle Menschen so gut, wie sie behandelt werden."

Genau. Lassen Sie uns unseren Kindern, ebenso wie in allen menschlichen Beziehungen, nur Liebe geben, und wir werden Liebe empfangen.
 

© Copyright Jan Hunt
 

Aus dem Amerikanischen übertragen von S. Mohsennia
Original: www.naturalchild.org/jan_hunt/proudmom.html